Am 1. April wechselt Dr. Michael Maxelon zur Mainova AG in Frankfurt. Mit i&a-Redakteurin Cornelia Bohle traf er sich zu einem letzten Interview.
Herr Dr. Maxelon, Sie sind nun acht Jahre an Bord der KVV. Die Zeit ist – zumindest aus meiner Sicht – wie im Flug vergangen. Wie geht es Ihnen, wenn Sie zurückblicken?
Mir geht es ganz genauso. Es ist wirklich überraschend, dass bereits acht Jahre rum sind. Und beim Blick zurück wundert man sich noch dazu, wie viel in der Zeit geschehen ist.
Angetreten sind Sie seinerzeit mit der Idee, die KVV-Gruppe zukunftsfähig zu machen. Ist das gelungen?
Wir haben viel erreicht, auch wenn der Start holprig war. Denn die vermeintlich gut aufgestellte KVV-Gruppe stellte sich 2015/2016 bei näherer Betrachtung als deutlich weniger solides Unternehmen heraus als erwartet. Es brauchte also erst einmal einiges an Zeit und Energie, um eine gute Basis für den Absprung in die Zukunft zu schaffen. Das „Fit für die Zukunft“-Programm hat wesentlich dazu beigetragen.
Neben der Kostensenkung ging es damals darum, die Fähigkeiten in den Unternehmen aufzubauen und zu stärken, die erfolgsentscheidend sind. Außerdem galt es Strukturen so umzubauen, dass aus der „alten“ KVV eine schlagkräftigere und wendigere Version entsteht. Rückblickend zeigt sich, wie wichtig das war. Denn die Entwicklungen in der Branche stellen uns vor immer neue Aufgaben, die es kurzfristig zu lösen gilt. In der Versorgungssparte ist in den vergangenen Jahren kein Stein auf dem anderen geblieben und auch im Mobilitätssektor findet seit einiger Zeit ein gehöriger Wandel statt.
Was sind die Qualitäten der neuen KVV? Können Sie das konkretisieren?
Zu den neuen Qualitäten zählen für mich die Kreativität und Ideenvielfalt, die wir im Unternehmen geweckt haben. An verschiedenen Stellen entwickeln Kolleginnen und Kollegen auf eigene Initiative hin Ansätze für neue Produkte und Services, Prozessoptimierungen und so weiter. Sie denken unternehmerisch, machen sich Themen zu eigen, treiben sie voran. Eine gute Sache.
Klasse ist auch, dass wir gelernt haben aus Kundensicht zu denken, und dass wir das mittlerweile ganz automatisch tun. Denn letztendlich entscheiden nun mal die Kundinnen und Kunden über den Erfolg unserer Angebote und damit den Erfolg unserer Unternehmen.
Als drittes Beispiel würde ich nennen, dass wir inzwischen klar priorisieren können, welche Ideen wir zuerst, als nächstes, als übernächstes angehen, umsetzen, nutzen. Denn unsere Ressourcen sind begrenzt und nur wenn wir diese sinnvoll einsetzen, können wir langfristig erfolgreich sein. Energiewende, Verkehrswende und Klimaschutz sind Aufgaben, die einen sehr langen Atem brauchen.
Auf dem Weg zur neuen KVV gab es Höhen und Tiefen. Wenn Sie drei Dinge nennen sollten, was waren Ihre persönlichen Highlights?
Arbeiten an der Kultur eines Unternehmens halte ich für den wichtigsten Erfolgsfaktor. Denn was erfolgreiche Unternehmen von weniger erfolgreichen Unternehmen unterscheidet, sind die Menschen und die Art und Weise, wie sie miteinander arbeiten. Hart in der Sache diskutieren, auf der persönlichen Ebene aber trotzdem menschlich miteinander umgehen, ist inzwischen bei der KVV selbstverständlich. Doch das haben wir uns gemeinsam hart erarbeitet!
Nichts motiviert uns mehr als Erfolg. Deshalb ist Highlight Nummer zwei die Verleihung des Handelsblatt Zukunftspreises für unsere Mitarbeitenden-App. Wenn man 2020 einen Preis bekommt, für die Leistung eines Bereichs, den man erst ein Jahr zuvor gegründet hat, ist das eine schöne Bestätigung.
Aber das sind auch ganz unerwartete Feedbacks von außen, wie die Wiedererlangung der Notenbankfähigkeit – also das Investment-Grade-Rating von der Bundesbank. Oder der Money-4-change-impact-Award, den wir für die Fernwärmestrategie und den Kohleausstieg in der Wärmeerzeugung verliehen bekamen. Das sind Perspektiven von außen aufs Unternehmen, die zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Gab es auch Tiefpunkte?
Die Phase, bis wir die Organisation soweit handlungsfähig hatten, dass wir uns auf die strategische Ausrichtung konzentrieren konnten, war schon nicht einfach. Da sind wir durch das sprichwörtliche Tal der Tränen gegangen. Und natürlich gab es auch in den Phasen danach immer mal wieder Tiefpunkte – beispielhaft würde ich das Wintermärchen bei der KVG nennen oder die Hackerangriffe auf die Netcom, denen wir begegnen mussten, oder die Veränderung des politischen Rahmens, die den Windkraftausbau praktisch zum Erliegen brachte.
Die größten Herausforderungen jedoch waren sicher die Corona-Pandemie und die Energieversorgungskrise als direkte Auswirkung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Beides führte bei unszu krisenhaften Situationen, die wir mit vereinten Kräften in der KVV gemeistert haben. Wir haben einen guten Weg gefunden, selbst in Krisenzeiten unsere Aufgaben für die Stadt und die Menschen immer zuverlässig zu bewältigen.
Eine weitere Herausforderung war, ist und bleibt der Arbeitskräftemangel. Alle haben ihn prognostiziert, trotzdem war er gefühlt plötzlich da. Und die Auswirkungen sind spürbar. Auch wenn unser Personalbereich mit dem Aufbau des Recruiting-Teams und dem Arbeitgebermarketing ein ganzes Bündel an Maßnahmen ergriffen hat, müssen wir damit leben, dass es länger dauert, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für unsere offenen Stellen zu finden.
Aber: wir gehen die Herausforderungen an, lernen dabei. Im Bestfall gehen wir sogar gestärkt daraus hervor. Somit lohnt sich die Energie, die wir in die Krisenbewältigung investieren.