Drei Fragen an Dr. Frank Hoster
Wie ist der aktuelle Stand der Versorgungssicherheit?
Bei Gas bestand vergangenes Jahr die Sorge, dass der Energieträger schon in diesem Winter knapp werden könnte. Zum damaligen Stand wurde aber eher über das Szenario gesprochen, dass wir durch diesen Winter gut kommen, aber der Winter 2023/2024 kritisch wird. Immer vorausgesetzt, dass sowohl Industrie als auch Haushalte rund 20 Prozent Gas einsparen. Der Grund: In diesem Winter waren die Speicher noch mit russischem Gas gut gefüllt. Diese Mengen fehlen aber in der kommenden Heizsaison.
Aktuell ist die Lage weniger kritisch als befürchtet. Die Gründe sind der vergleichsweise milde Winter, man denke an die hohen Temperaturen um Silvester, die erfolgreichen Sparbemühungen aller Verbraucher und die Umstellung auf andere Energieträger, hauptsächlich in der Industrie. Teilweise wurde aber auch Produktion stillgelegt beziehungsweise heruntergefahren. Bekanntestes Beispiel ist die Herstellung von Ammoniak.
Vor allem wirkt sich aber die niedrige Nachfrage aus Asien aus, hier vor allem China, wegen ebenfalls milderer Witterung und geringerer Verbräuche durch die coronabedingt gedrosselte Wirtschaft. Daher sind große Mengen LNG an den Weltmärkten verfügbar, die nach Europa umgeleitet wurden. Bisher wurden sie hauptsächlich in Belgien und den Niederlanden angelandet. Aktuell auch an den drei neuen deutschen LNG-Terminals.
Beim Strom ist die Lage ebenfalls entspannter, da die höhere Gasverfügbarkeit und die damit einhergehende hohe Verstromung für eine gute Gesamtlage gesorgt hat. Es wurde kein Verwendungsverbot für die Gas-Verstromung erlassen, womit viele Marktteilnehmer gerechnet hatten. Hinzu kommt viel Strom aus Wind in zeitlich kritischen Phasen. Außerdem waren die Pegelstände der Flüsse unkritisch. Sie sind für die Kühlung von Kraftwerken notwendig, zudem haben sie den Transport von Kohle auf Frachtschiffen zu den Kraftwerken ermöglicht. Dennoch ist der Strommarkt angespannt. Denn viele Marktteilnehmer mussten sich zu Zeiten sehr hoher Preise eindecken, die jetzt beim Kunden zum Tragen kommen. Das erscheint in Zeiten sinkender Marktpreise merkwürdig, ist aber der Tatsache geschuldet, dass langfristig beschafft wird und diese Preise mit Verzögerung wirken.