Schon seit langem setzt Kassel auf die Fernwärmeversorgung. Was noch vor einigen Jahren als angestaubt und technisch wenig modern eingestuft wurde, erlebt heute, im Zuge einer weltweiten Energiekrise, ein Comeback. Der Wunsch nach einer von Erdgas unabhängigen Versorgungssicherheit hat eine unerwartet starke Nachfrage nach einer Fernwärmeversorgung ausgelöst. Die Städtische Werke AG begrüßt diesen Trend natürlich, dennoch stellt er eine Herausforderung dar, denn die Erwartungen unserer Kunden sind groß.
Der Zuspruch an lokaler, klimaschonend erzeugter Fernwärme nimmt rasant zu. Im Gegensatz dazu schränken begrenzte materielle wie auch personelle Ressourcen einen flächendeckenden Ausbau ein. Unterbrochene oder verzögerte Lieferketten, verursacht durch den russischen Angriffskrieg, erschweren eine schnelle angebotsorientierte Umsetzung von Ausbauvorhaben. Andererseits gilt es, sich personell neu, breiter aufzustellen, um der gestiegenen Nachfrage kundenorientiert zu begegnen.
Schließlich ist die Angebotspalette an klimaschonender, sicherer Wärmeversorgung ganzheitlich zu betrachten, denn nicht immer ist der Fernwärmeanschluss das geeignetste Mittel der Wahl. Der Anschluss von Siedlungsgebieten, die sich durch einen hohen Anteil an freistehenden Einfamilienhäusern auszeichnen, ist aus wirtschaftlichen Gründen oft schwer realisierbar. Ebenso wie der Fernwärmeausbau muss deshalb der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert werden. Ziel ist es, neue Energie- und Wärmewelten gemeinsam mit den Kunden zu entwickeln und umzusetzen. Dabei kann, sollte die Fernwärme als moderner, sauberer und wirtschaftlicher Wärmeträger eine entscheidende Rolle spielen.
Effekte der Energiekrise
Bereits im Herbst 2021 sind die Preise für Strom und Erdgas extrem gestiegen, in Folge des Ukrainekrieges geradezu explodiert. Die gesunkenen Verbräuche sowohl auf Seiten der Industrie als auch bei den Privathaushalten, das erfolgreiche Erschließen von neuen Gaslieferanten und schneller als erwartet kommende LNG-Terminals ließen die Preise zwar auf ein weniger kritisches Niveau sinken. Dennoch bleibt festzuhalten: Energie ist ein knappes, teures Gut. Dass die Energieversorgung der Zukunft eine andere sein wird, sein muss, liegt auf der Hand.
Die Politik handelt, vor allem für die Verbraucher: Gas- und Strompreisbremse, die Aussetzung der Dezemberabschläge für Erdgas und Wärme, weitere Unterstützungspakete. Dennoch bleibt aus Kundensicht vor allem eines: Verunsicherung. Verunsicherung über die weitere Entwicklung der Preise und Verunsicherung über den Stand der Versorgungssicherheit. Hinzu kommen der Klimawandel und die damit verbundene Notwendigkeit der Umstellung auf eine saubere Energieerzeugung. Wir bewegen uns also im klassischen Dreieck der Versorgungswirtschaft: Ökonomie, Ökologie und Versorgungssicherheit.
Dem Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Ohne sie ist die Energieversorgung der Zukunft nicht denkbar. Konkret bezogen auf die Wärmeversorgung, sehen wir aktuell eine rasante Nachfrage nach einem Austausch von fossil betriebenen Heizungsanlagen, einen Boom bei Wärmepumpen sowie den großflächigen Ausbau von Photovoltaik-Anlagen. Das ist der richtige Weg. Doch in den Großstädten, im innerstädtischen hochverdichteten Raum, ist das Ausbaupotenzial gerade bei Wärmepumpen begrenzt. Hier ist der Ausbau der Fernwärme der sinnvollere Weg. Denn schon jetzt, auch ohne den Einsatz von CO2-neutralen Brennstoffen, ist Fernwärme die saubere Wahl als Wärmeträger. Schließlich wird sie im Regelfall in der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt und zeichnet sich durch einen Brennstoffausnutzungsgrad von über 80 Prozent aus – Strom und Wärme werden in einem Prozess erzeugt.
Aktuell betreibt die Städtische Werke AG als Teil der Unternehmensgruppe der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH Kraftwerke an zwei Standorten. Das Kraftwerk Kassel, das durch ein Kombikraftwerk mit zwei Gasturbinen ergänzt wird, sowie ein Müllheizkraftwerk. Beide werden gerade auf die steigende Bedeutung der Fernwärme vorbereitet.